Vor über einem Jahr sprach mich mein Kollege im Lehrerzimmer an und fragte, ob ich mit ihm eine Schulimkerei gründen möchte. Er – begeisterter Hobbyimker aber kurz vor dem Ruhestand – suche jemanden, der weiterführt, was er gerne initiieren würde. Da ich privat schon mit dem Gedanken gespielt hatte, mit der Imkerei zu beginnen, sagte ich kurzentschlossen zu.
Nun tauchte ich in eine Welt ein, die voller neuer Wörter war. Von Haus aus Biologielehrerin hatte ich trotz dessen noch nie von einem Schiet oder einer Beute gehört. Rähmchen gehörten an die Wand und die Zarge in die Tischlerei, so dachte ich. Weit gefehlt, wie sich herausstellte.
Ich nahm mit meinem Kollegen an den Seminaren teil, in denen uns nicht nur wertvolle Tipps für den Umgang mit Bienen in der Schule gegeben wurden, ich lernte auch, dass auf zwei Imker mindestens drei Meinungen kommen. Je mehr ich zuhörte und über die Honigbiene und ihre Haltung lernte, desto öfter kam mir Sokrates in den Sinn: „Ich weiß, dass ich nichts weiß.“
Mit dem Mut der Begeisterten ging ich in die Klassen und fragte, ob Interesse an einer Bienen AG bestünde. Ich wappnete mich gegen eine schweigende Stille, denn zusätzliche Zeit in der Schule zu verbringen, einfach nur so und das wegen ein paar Bienen? Die Antwort ist klar, dachte ich. Und wieder schlug Sokrates zu und mir Begeisterung entgegen. Es wollten so viele Schüler teilnehmen, dass wir tatsächlich auswählen mussten.
Unsere AG startete im November – nicht gerade die beste Zeit, um mit Bienen zu arbeiten. Aber Dank unserer Seminare füllten wir die Stunden mit der Vorbereitung der Beuten, weihnachtlichem Kerzengießen und natürlich nicht zuletzt mit Bienenkunde.
Erinnerte die erste Zeichnung, die aus dem Gedächtnis entstand, doch noch sehr an Biene Maja, entdeckten die Schüler zunehmend Unterschiede zu der kleinen Comic-Biene, als sie ihre Zeichnungen mit Abbildungen und echten Bienen verglichen. Mit Entdecken und Werkeln füllten wir also den Winter und warteten zunehmend ungeduldig auf die Ankunft unserer Bienen. Der Standort war gefunden, die Bienentische waren aufgebaut, die Anzüge und Handschuhe anprobiert, nun muss es doch mal losgehen!
Und es ging los, aber wie! Unsere Schüler bekamen unterrichtsfrei, um beim Einzug der Bienen dabei sein zu können. Noch ganz abgeklärt standen sie am Auto, in dem sich die Bienen befanden. Als dann aber mein Kollege den Kofferraum öffnete und man das Summen von ungefähr 25.000 Bienen hörte, veränderte sich die Haltung doch.
Todesmutig trugen sie ihre Bienen zu den Beuten und ließen sich von meinem Kollegen zeigen, wie man den kleinen Schwarm Einzug halten lässt. Stolz war ich auf sie, dass sie ihre Furcht überwanden und der Neugier ihren Raum gaben. Die Faszination griff um sich, keiner wurde gestochen, aber ich natürlich. Aber ganz Pädagogin spielte ich den wirklich gemeinen Schmerz weg und und konnte mir ein „So schlimm ist das gar nicht“ abringen; Gott sei Dank ist man als Lehrer auch immer Schauspieler.
In den folgenden Wochen flog meine Lüge allerdings auf, als unsere Schüler selbst Erfahrungen mit den kleinen Stacheln machten. Wir einigten uns auf: „Ist nicht schön, bringt uns aber auch nicht um.“
Weit schwerer wog die Neugier, wenn wir einmal in der Woche unseren Schulgarten besuchten, um nach den Bienen zu sehen. Die Königin musste gefunden, Rund- und Streckmaden erkannt, Pollen- und Honigwaben betrachtet sowie Stifte und Drohnen entdeckt werden und all das wurde auch noch aufgeschrieben. Dass die Schüler dies ohne Murren und selbstverständlich taten, erschien mir im wahrsten Sinne des Wortes: wunderbar.
Noch beredeter war die Tatsache, dass sich tatsächlich mehrere Schüler fanden, die mich während der Sommerferien bei meinen wöchentlichen Besuchen begleiteten!
Traurig war die Verabschiedung der Bienen ins Winterlager nach Bad Segeberg. Wir alle freuen uns schon auf das nächste Frühjahr, wenn wir mit Wirtschaftsvölkern – wie echte Imker – arbeiten dürfen.
Ein Bienenjahr ist nun um, es sollte ein Fazit geben. Maja ist gegangen, an ihre Stelle ist eine ausgewachsene Honigbiene getreten und wenn ein Schüler mit seinen strahlend weißen Sneakern durch den Wald stapft, um eine Blume für sein Herbarium zu pflücken, ist die Begeisterung echt!
Text: K. Adam (Leiterin der Bienen AG)