Ferienaktion in Itzehoe

Wolfgang-Borchert-Schule – Generationsübergreifend mit der Eisenbahn spielen

Was ist denn da los? Es sind Herbstferien, aber auf dem Gelände der Wolfgang-Borchert-Schule (WBS) tummeln sich trotzdem Kinder – und auch Erwachsene, zumeist im Rentenalter. Die Antwort ist ganz einfach: Sie spielen zusammen.

Lehrer Achim Gaitzsch macht es möglich. Ohne Corona würde er an der Schule nicht nur unterrichten, sondern auch eine Modeleisenbahn-AG leiten. Wegen der Pandemie ist das aktuell nicht möglich. Aber in den Ferien geht etwas mehr. Zusammen mit dem „Förderverein für die Erhaltung technischen Kulturguts“ hat er zum ersten Spielertreffen nach Itzehoe eingeladen.

Spielen? Nein, das empfindet man in diesen Kreisen überhaupt nicht despektierlich. Schließlich handele es sich bei dem „technischen Kulturgut“ ja um Spielzeugeisenbahnen, erklärt Vereinsmitglied Hartmut Frieböse: „Eisenbahn macht doch nur Spaß, wenn man damit spielt.“ Modellbahnen seien es nicht, da die Loks und Wagons in der Regel nicht maßstäblich gebaut seien.

160 Meter Gleislänge

Über zwei Klassenräume erstrecken sich die Tische für die 7 mal 15 Meter große Eisenbahnwelt in Spur 0. 160 Meter Fahrstrecke stehen zur Verfügung. 17 Züge sind gleichzeitig auf der Anlage. Das fordert schon volle Konzentration, damit es nicht zu Kollisionen kommt und jeder Zug auch ordnungsgemäß in den nächsten Abschnitt übergeben werden kann.

Das hat man sonst ja nicht mehr, dass diese Generationen miteinander reden.Achim Gaitzsch, Lehrer und Organisator

Insgesamt 27 Teilnehmer haben sich angemeldet. Davon sind sechs WBS-Schüler. Der jüngste ist 12 Jahre alt, der älteste 92. „Das hat man sonst ja nicht mehr, dass diese Generationen miteinander reden“, freut sich Lehrer Gaitzsch: „Sonst kriegen wir von den Kindern erklärt, wie eine App funktioniert, jetzt lernen die Jungen was von den alten Eisenbahnfüchsen.“ Mädchen waren für den Ferienspaß allerdings nicht zu begeistern.

Und zu lernen gibt es bei Spielzeugeisenbahnen einiges: In erster Linie muss die Elektrik funktionieren. Viele Lösungen sind handgemacht, da ist handwerkliches Geschick und Basteltalent gefordert. Ganz nebenbei vermittelt der Lehrer seinen Schützlingen auch noch Geschichtswissen, denn viele der Züge sind historische Modelle mit denen spannende Geschichten verbunden sind. „Das ist durchaus mein Hobby, was ich den Schülern näher zu bringen versuche“, verrät Achim Gaitzsch und grinst dabei verschmitzt.

Es ist eine Freude zu sehen, wie diszipliniert die Kinder damit spielen. Kurt Gaitzsch, Teilnehmer

Erst denken, dann schalten, dann fahren“, hat der Organisator als Motto ausgegeben – natürlich für seine Schüler, den alten Eisenbahn-Hasen muss er das nicht erzählen. Weil gerade einige ganz alte Modelle ziemlich wertvoll sind, hab es anfänglich Vorbehalte gegenüber den Schülern gegeben. „Ich hatte erst Bedenken, wie die Kinder mit dem Material umgehen“, gibt Kurt Gaitzsch, der Vater des Lehrers, zu. Tränen der Rührung kullern ihm übers Gesicht. „Es ist eine Freude zu sehen, wie diszipliniert die Kinder damit spielen“, sagt er selig: „Ich sitze nur rum, gucke zu und muss gar nicht an die Regler.“

Herr über Weichen und Signale ist Eliah Joel Söhren. Weil der Zwölfjährige schon öfter im Miniatur-Wunderland in Hamburg zu Besuch war, wollte er die Eisenbahn-Welt auch mal selbst kennen lernen und hat sich für die Ferienaktion gemeldet. Zumal auch sein Freund mitmacht. Sein Fazit fällt eindeutig aus: „Joh, das macht sehr viel Spaß.“

Opa als Vorbild

Einen anderen Streckenabschnitt leitet Felix Feldmeier. „Ich wollte hier unbedingt hin, weil mein Opa auch eine Eisenbahn hat.“ Sehnsüchtig wartet er schon darauf, dass die Eisenbahn Arbeitsgemeinschaft wieder los geht. „Auf jeden Fall bin ich dann dabei“, kündigt der Junge an.

Handys, sonst in der Freizeit bei Kindern und Jugendlichen allgegenwärtig, sucht man in der Eisenbahnwelt der WBS vergeblich. Achim Gaitzsch hat noch ein weiteres Indiz, dass es seinen Schützlingen richtig Spaß macht: „Wir fangen morgens um 9 Uhr an und fahren richtig lange – 19, 20.30 Uhr. Und sie kommen trotzdem am nächsten Morgen wieder.“

von Andreas Olbertz

Quelle: https://www.shz.de/33931667 ©2021

 

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